Enuresis – Nächtliches Einnässen bei Kindern & Jugendlichen: neue Leitlinie

In den letzten Jahren wurde die S2k_Leitlinie für «Enuresis und nicht-organische (funktionelle) Harninkontinenz bei Kindern und Jugendlichen» grundsätzlich erneuert und auf den aktuellsten wissenschaftlichen Stand gebracht und am 74. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie vorgestellt:

Definition von intermittierender Harninkontinenz (ohne organische Ursache) bei Kindern im Altern von mindestens fünf Jahren:

  • Funktionelle Harninkontinenz tagsüber
  • Nächtliches Einnässen: Enuresis nocturna

Eine Störung liegt aber nur vor ab einer Häufigkeit von mindestens einmaligem Einnässen pro Monat über mindestens drei Monate. In Fällen, in denen das Kind bzw. der Jugendliche nie länger als sechs Monate durchgehend trocken war, liegt primäres Einnässen vor.

Komorbide Störungen

Die neueste Leitlinie weist auf die Wichtigkeit hin, komorbide Störungen zu beachten. Dazu zählen z.B. Obstipationsneigung oder ADHS.

Besteht eine sowohl eine Blasen- als auch eine Darmentleerungsstörung wird dies als Bladder and Bowl-Dysfunction (BBD ) bezeichnet.

Häufigkeit der Enuresis

Im Alter von sieben Jahren beträgt der Anteil Kinder, die Einnässen bei 10%, wobei Jungen doppelt so häufig betroffen sind. Der Grossteil der Kinder hat eine monosymptomatische Enuresis. In 15 Prozent der Fälle vergeht die Störung von selbst.

Diagnostik der Enuresis bei Kindern & Jugendlichen

Basisuntersuchungen

  • Anamnese
  • Urin- und körperliche Untersuchung
  • Fragebögen & «Pipi» & Stuhl Protokolle
  • Ultraschalluntersuchung der Nieren und ableitenden Harnwege auf Anomalien
  • Bestimmung des Blasenvolumens & der Blasenwanddicke sowie Rektumweite

Erweiterte Basisuntersuchungen

  • Restharnsonographie
  • Uro-Flow EMG

Spezielle diagnostische Massnahmen zum Nachweis organischer Störungen:

  • MCU
  • KM-Sonographie
  • Systometrie

Therapieoptionen bei Inkontinenz und nächtlichem Einnässen bei Kindern & Jugendlichen

Zuerst müssen komorbide Störungen ausgeschlossen bzw. behandelt werden. Danach sollte zuerst die Blasenstörung am Tage angegangen werden und erst danach die Enuresis. Als Basis einer jeden Therapie  gilt die Urotherapie mit Entmystifizierung. Das heisst eine fachgerechte Ermittlung der Ursache der Störung sowie eine problem- und lösungsorientierte Behandlung. Diese sollte auf die jeweilige individuelle Lebenssituation angepasst werden.

Ziel hierbei ist die Entmystifizierung, Stärkung der Kontinenz sowie die Unterstützung der Angehörigen. Dafür bedarf es die Zusammenarbeit von spezialisierten Medizinern, Urotherapeuten sowie Psychologen und Physiotherapeuten.

Therapie der Enuresis

  • Apparative Verhaltenstherapie
  • Alternativ: medikamentöse Therapie mit Desmopressin

Therapie der überaktiven Blase:

  • Urotherapie
  • Anticholinergika mit Propiverin
  • Elektrische Nervenstimulation transkutan appliziert.

Therapie bei nachgewiesener Dyskoordination

  • Biofeedbacktraining

Wenn alles nichts hilft:

  • Stationäre Kontinenz Therapie oder Gruppen Therapie
  • Unterspritzung des Blasenmuskels

Schlussendlich entscheidend für eine erfolgreiche Therapie ist, neben einer ausführlichen Untersuchung und Diagnosestellung, auch die Betreuung der Familie in der Sprechstunde, die richtige Priorisierung der Beschwerden sowie ein individueller und einfühlsamer Umgang mit dem betroffenen Kind.

Quelle:

Kongressausagabe der ÄrzteZeitung 21. September 2022, S. 5

Dr. Walter Batzill, "Das empfiehlt die S2k-Leitlinie zur Enuresis bei Kindern."