Präventive Prostatakrebs-Tests: Wer und Wann?
Prostatakrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Männern in Deutschland und auch in der Schweiz stellt er eine bedeutende Gesundheitsgefahr dar. Die Prävalenz dieser Krankheit steigt mit dem Alter, wobei Männer zwischen 55 und 69 Jahren am häufigsten betroffen sind. Wissenschaftliche Studien empfehlen, dass Männer ab dem 50. Lebensjahr regelmäßig Vorsorgeuntersuchungen durchführen lassen sollten. Bei familiärer Vorbelastung oder genetischer Prädisposition kann es sinnvoll sein, bereits ab dem 45. Lebensjahr mit den Tests zu beginnen.
Der neue DNA-Speicheltest: Ein wissenschaftlicher Durchbruch
Forscher des „Institute of Cancer Research, London“ (ICR) und des „Royal Marsden NHS Foundation Trust“ haben einen innovativen Speicheltest entwickelt, der das Risiko für Prostatakrebs in Sekundenschnelle erkennen kann. Dieser Test basiert auf der Analyse genetischer Marker, die in der DNA des Speichels enthalten sind. In einer umfangreichen Studie wurden die DNA-Proben von Hunderttausenden Männern untersucht, um genetische Signale zu identifizieren, die mit Prostatakrebs in Verbindung stehen. Anschließend wurden Speichelproben von 6.000 europäischen Männern im Alter von 55 bis 69 Jahren gesammelt und analysiert.
Wissenschaftliche Studien und zukünftige Schritte
Die BARCODE 1 Studie ist eine der zentralen Untersuchungen, die die Wirksamkeit des Speicheltests belegt. In dieser Studie wurden 6.142 europäische Männer im Alter von 55 bis 69 Jahren rekrutiert, um ihre polygenen Risikowerte (PRS) zu berechnen, basierend auf 130 genetischen Variationen, die mit Prostatakrebs in Verbindung stehen. Die Ergebnisse zeigten, dass der Speicheltest eine höhere Genauigkeit bei der Erkennung von aggressiven Krebsarten aufwies und weniger falsch-positive Ergebnisse lieferte als der herkömmliche PSA-Bluttest. Insbesondere wurden 40% der Männer mit hohen PRS-Werten nach einer MRT-Untersuchung und Biopsie mit Prostatakrebs diagnostiziert, verglichen mit nur 25% der Männer mit hohen PSA-Werten.
Die Ergebnisse der BARCODE 1 Studie wurden auf der Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology (ASCO) in Chicago präsentiert. Diese Präsentation unterstreicht die Bedeutung und das Potenzial des Speicheltests als zuverlässiges Werkzeug zur Früherkennung von Prostatakrebs. Die Forscher betonten, dass der Test nicht nur genauer ist, sondern auch weniger invasiv und kostengünstiger als die derzeitigen Standardmethoden.
Professor Ros Eeles und ihr Team am ICR und Royal Marsden NHS Foundation Trust planen weitere Studien, um die genetischen Marker, die mit einem Risiko für Prostatakrebs verbunden sind, in verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu validieren. Dies ist ein wichtiger Schritt, um sicherzustellen, dass der Test für alle Männer von Nutzen sein kann, unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft.
Der Stockholm3-Test: Eine vielversprechende Alternative
Ein weiterer bedeutender Fortschritt in der Früherkennung von Prostatakrebs ist der Stockholm3-Test. Dieser Bluttest kombiniert mehrere genetische und biochemische Marker, um das Risiko für Prostatakrebs bei symptomfreien Männern zu berechnen. Der Stockholm3-Test hat sich als zuverlässiger und eindeutiger erwiesen als die herkömmliche PSA-Messung. In zwei großen Studien von 2015 und 2021 mit insgesamt 60.000 Männern im Alter von 50 bis 74 Jahren zeigte sich, dass der Stockholm3-Test bis zu 18% mehr aggressive Tumore mit hohem Risiko erkennen kann und gleichzeitig die Zahl der Verdachtsbefunde, die weiter abgeklärt werden müssen, um bis zu 40% reduziert.
Der Stockholm3-Test wird seit 2017 in Schweden und Norwegen klinisch eingesetzt und ist nun auch in der Schweiz verfügbar. In der Schweiz bieten inzwischen rund 100 Zentren oder Praxen den Stockholm3-Test an, und es wird erwartet, dass der Test bald flächendeckend eingesetzt wird. Die Grundversicherung deckt im Wesentlichen die Laboranalysen ab, aus denen der Test das Prostatakrebsrisiko berechnet, wobei die Kosten für den Test bei 500 Franken liegen.
Vor- und Nachteile der verschiedenen Prostatakrebs-Tests
Traditionelle Bluttests
- Vorteile: Weit verbreitet und leicht zugänglich.
- Nachteile: Hohe Rate an falsch-positiven Ergebnissen; etwa zwei von drei Tests erkennen das Krebsrisiko nicht zuverlässig.
Magnetresonanztomographie (MRT)
- Vorteile: Detaillierte Bildgebung, die Tumore sichtbar machen kann.
- Nachteile: Teuer und zeitaufwendig; kann kleine Tumore übersehen.
Neuer DNA-Speicheltest
- Vorteile: Schnelle und einfache Durchführung; hohe Genauigkeit bei der Erkennung genetischer Risikofaktoren; kann Fälle erkennen, die bei MRT übersehen werden.
- Nachteile: Noch in der Forschungsphase; weitere Validierung und Optimierung notwendig.
Stockholm3-Test
- Vorteile: Höhere Genauigkeit bei der Erkennung von aggressiven Tumoren; Reduktion unnötiger Biopsien; bereits in der klinischen Anwendung in Schweden und der Schweiz.
- Nachteile: Hohe Kosten; Langzeitdaten fehlen noch.
Schlussfolgerung
Der neue DNA-Speicheltest und der Stockholm3-Test stellen bedeutende Fortschritte in der Früherkennung von Prostatakrebs dar. Beide Tests bieten schnelle, zuverlässige und nicht-invasive Methoden, um Männer mit einem erhöhten Risiko frühzeitig zu identifizieren. Während traditionelle Bluttests und MRTs weiterhin eine Rolle in der Diagnostik spielen, könnten diese neuen Tests zukünftig wertvolle Ergänzungen sein. Weitere Forschung und klinische Studien sind jedoch erforderlich, um die breite Anwendung dieser Tests zu ermöglichen und ihre Zuverlässigkeit weiter zu bestätigen.
Quellen:
- https://www.krebsliga.ch/ueber-krebs/frueherkennung/prostatakrebs
- https://www.prostata-hilfe-deutschland.de/prostata-news/stockholm-3-test-sthlm3-prostatakrebs
- https://www.icr.ac.uk/news-archive/asco-2024-prostate-cancer-spit-test-better-for-men-with-high-genetic-risk-than-standard-blood-test
- https://www.stockholm3.ch
- https://onkologie.bayer.de/news/uroticker/prostata-screening-stockholm3-test-mrt-und-gezielter-biopsie
- https://www.nzz.ch/wissenschaft/psa-test-zur-frueherkennung-von-prostatakrebs-die-vor-und-nachteile-ld.1777602