Blasenschwäche bei MS: Ursachen, Symptome und Behandlung
Inkontinenz und Multiple Sklerose - wie hängt das zusammen?
In der Schweiz leben rund 10'000 Menschen mit Multipler Sklerose. Etwa täglich wird eine neue MS-Diagnose gestellt. Eine der häufigsten Begleiterkrankungen stellt Inkontinenz bei MS dar. Etwa 50 bis 80 Prozent der Patienten sind von einer Blasenschwäche bei MS betroffen, Frauen häufiger als Männer. Bei etwa 15 Prozent der Betroffenen sind die Beschwerden ein Erstsymptom von MS. Eine Funktionsstörung des Harntraktes kann alleiniges Symptom bei ansonsten gesunden MS-Betroffenen sein.
Schon im Frühstadium der Erkrankung ist daher eine regelmäßige Betreuung in der Neurourologie ratsam, spätestens beim Auftreten von Beschwerden dann dringend erforderlich.
Wie Multiple Sklerose Inkontinenz verursacht
Multiple Sklerose ist eine meist schubweise, seltener kontinuierlich verlaufende Autoimmunerkrankung. Die chronisch-entzündliche Erkrankung von Gehirn, Rückenmark und Nerven betrifft vor allem die Nervenbahnen. Forscher gehen davon aus, dass das Immunsystem körpereigenes Nervengewebe als Fremdkörper einstuft und angreift.
Besonders betroffen sind die Nervenhüllen, die ähnlich der Isolierung eines Elektrokabels die Nervenstränge vom umgebenden Gewebe schützen. Diese Hüllen werden vom eigenen Körper angegriffen; es kommt zu einer Entzündung und später zur Ausbildung von Vernarbungen an Nervenbahnen, sodass Nervensignale nicht mehr oder nur verlangsamt weitergeleitet werden. Somit können Patienten den Harndrang nicht mehr richtig kontrollieren. Auch können Funktion und Entleerung vom Darm beeinträchtigt sein. Inkontinenz bei MS zählt zu den neurogenen Blasenentleerungsstörungen.
Blasenentzündungen und MS
Harninkontinenz sowie eine erschwerte oder unvollständige Entleerung der Blase gelten als besondere Risikofaktoren und somit als Ursache für wiederkehrende Harnwegsinfekte. Diese verursachen nicht nur Schmerzen und Brennen beim Wasserlassen, sondern auch verschiedene andere Begleiterscheinungen:
- Durch häufiges nächtliches Wasserlassen kommt es zu Schlafstörungen.
- Eine Verkrampfung der Blasenmuskulatur führt zu Schmerzen im Unterbauch.
- Wiederkehrende Blasenentzündungen gelten, wie andere Infektionen auch, als mögliche Auslöser für eine Progression der Erkrankung.
- Unbehandelt können Harnwegsinfekte andere Symptome der Multiplen Sklerose wie zum Beispiel die Spastik und die Fatigue negativ beeinflussen.
Die Symptome können sich mit der Zeit verändern, oft kommt es nach einem Schub der Multiplen Sklerose zu einer Verschlechterung der Inkontinenz oder Blasenentleerungsstörung. Wird die Funktion der Blase durch eine geeignete neurourologische Therapie verbessert, nimmt auch die Infektrate rasch ab.
Symptome von Blasenentleerungsstörung bei MS
Im Frühstadium kann sich die überaktive oder spastische Blase durch folgende Beschwerden äußern:
- häufiges Wasserlassen
- gesteigerter Harndrang
- Dranginkontinenz
Im weiteren Verlauf der Erkrankung können zusätzliche Schwierigkeiten auftreten wie zum Beispiel eine unvollständige Blasenentleerung mit Restharn bis zur Harnsperre. Nach einer gewissen Zeit sind also sowohl die Harnspeicherung als auch die Harnentleerung betroffen.
Diagnose und Therapie von Blasenproblemen bei MS
Eine sorgfältige und möglichst frühzeitige Diagnose von Blasenschwäche bei MS ist unabdingbar. Schon im Frühstadium von Multipler Sklerose sollten Betroffene sich neurologisch von einem Arzt betreuen lassen - spätestens jedoch, wenn Symptome auftreten. In einer urodynamischen Untersuchung kann das komplexe Zusammenspiel von Nerven und Muskulatur der Blase und des Beckenbodens auf Funktionsstörungen untersucht werden, denn eine umfassende Abklärung stellt auch bei der MS die Basis für eine zielgerichtete Behandlung dar.
Eine Behandlung der Blasenstörung erfolgt zumeist medikamentös. Je nach Art der Blasenstörung umfasst die Therapie verschiedene Wirkstoffe. So können beispielsweise akute Harnwegsinfekte mit Antibiotika behandelt werden. Auch kann bei anderen Funktionsstörungen der Blase die Gabe von Alphablockern, Hormonen oder Anticholinergika zielführend sein. Die Gabe von Medikamenten gegen MS kann allerdings selbst Harnwegsinfekte begünstigen. Mit invasiven Therapiemethoden kann die Blasenfunktion unterstützt werden, zum Beispiel durch eine Injektionsbehandlung der Blase oder die Sakrale Neuromodulation. Eine Blasenstörung bei MS kann auch mittels einer Selbstkatheterisierung (Selbstkatheterismus) konservativ behandelt werden.
Blasenprobleme bei MS - was Betroffene selber tun können
Wie andere Infektionen auch begünstigen häufige Blasenentzündungen einen MS-Schub. Deswegen ist die Prävention besonders wichtig, denn Blaseninfektprävention ist Schubprävention! MS-Patienten können aktiv selber etwas tun, um den Verlauf des Krankheitsgeschehens möglichst hinauszuzögern. Folgende Maßnahmen haben sich als wirksam zu Vorsorge gegen Blasenstörungen erwiesen:
- Achten Sie auf eine genügende Flüssigkeitszufuhr - etwa zwei Liter am Tag sind ausreichend.
- Meiden Sie Kälte.
- Setzen Sie sich keiner Zugluft aus.
- Gehen Sie regelmäßig, auch vorbeugend zur Toilette und entleeren Sie Ihre Blase.
- Sorgen Sie für eine ausgeglichene Regulation der Darmfunktion.
Saure Fruchtsäfte und die Verwendung von Cranberryprodukten können den Urin ansäuern und dadurch die Blasenfunktion unterstützen. Trinken Sie möglichst keine alkoholischen und koffeinhaltigen Getränke - diese reizen die Blase zusätzlich.
Frühzeitige Behandlung von Blasenstörungen bei MS sichert Lebensqualität
Wir wissen, dass Blasenstörungen die Lebensqualität erheblich mindern. Betroffene ziehen sich oftmals zurück und schämen sich, Isolation und Depressionen können die Folge sein und die Multiple Sklerose zusätzlich verschlimmern. Deswegen ist für uns neben der fachlichen Expertise ein einfühlsamer Umgang mit unseren Patienten selbstverständlich.
Blasenfunktionsstörungen und Inkontinenz bei MS sollten unbedingt frühzeitig von einem Arzt diagnostiziert und behandelt werden - bei Männern und Frauen gleichermaßen. Eine rechtzeitige Therapie kann nicht nur einem durch die Blasenstörung bedingten Schub der MS vorbeugen. Mit der Behandlung streben wir auch eine Verbesserung Ihrer Lebensqualität an.
Gerne informieren wir Sie auch zu anderen neurogenen Blasenstörungen, etwa wenn Diabetes Inkontinenz verursacht.
Informieren Sie sich zu Blasen- und Darmstörungen bei Multipler Sklerose
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